KDS mit dauerhafter parenteraler Ernährung

Aktuelle evidenzbasierte Ansätze in der Ernährungstherapie

Viele Patienten mit Kurzdarmsyndrom sind auf eine dauerhafte parenterale Ernährung angewiesen. Daneben soll auch die orale Nahrungsaufnahme aufrechterhalten werden – doch dazu gibt es wenig evidenzbasierte Empfehlungen. Ein aktueller Review-Artikel fasst die heute vorliegenden praktischen Erkenntnisse zusammen.

Unterschiedliche Kompensationsstrategien

Nach einer ausgedehnten Resektion des Dünndarms reicht die Resorptionsfähigkeit des Restdarms oft nicht mehr aus, so dass für die betroffenen Patienten eine dauerhafte parenterale Ernährung (PE) notwendig ist.1 In der chronisch-adaptierten Phase hat sich häufig der Anteil von PE und oraler Nahrungsaufnahme weitgehend eingependelt. Die Zusammensetzung der enteralen Ernährung ist dabei oft ein Ergebnis von „Versuch und Irrtum“ und basiert eher auf klinischen Erfahrungswerten als auf solider Evidenz durch Langzeitstudien.2 Neben einigen etablierten Ernährungstipps für Patienten gibt es aus ernährungsmedizinischer Sicht verschiedene Ansätze zur Optimierung der enteralen Ernährung bei Kurzdarmsyndrom mit chronischem Darmversagen (KDS-DV), die in den vergangenen Jahrzehnten erprobt wurden. Jeppesen und Fuglsang von der Universitätsklinik Kopenhagen fassen diese in einem Review-Artikel wie folgt zusammenfassen:2

  • Hyperphagie: Manche Patienten mit KDS-DV können die intestinale Malabsorption durch eine stark gesteigerte Nahrungsaufnahme kompensieren. Selbst einige, die dauerhaft auf die PE angewiesen sind, konsumieren das bis zu 2,5-fache ihres zu erwartenden Energieumsatzes.3,4 Dauerhaft funktioniert dies aber meist eher durch ein intrinsisch gesteigertes Hunger- und Durstgefühl als allein auf ärztlichen Rat.2
  • Verschiebung des Makronährstoff-Verhältnisses: Je nach verbleibender intestinaler Anatomie kann es sinnvoll sein, das Verhältnis von Eiweiß, Fett und Kohlenhydraten in der oralen Ernährung anzupassen. So wird KDS-Patienten mit intaktem Kolon eine fettarme und kohlenhydratreiche Ernährung empfohlen, um Steatorrhoen zu vermeiden und die Aufnahme von Kalzium, Magnesium und Zink zu optimieren.2,5 Bei Patienten mit einer Jejunostomie hingegen kann sich eine Steigerung des Fettanteils positiv auf die Energieaufnahme auswirken.2,5
  • Sondenernährung: Die enterale Kompensation durch eine transnasale oder perkutane Ernährungssonde hat zwar Vorteile gegenüber der reinen PE (z.B. Vermeidung von Zottenatrophien6 und Katheterkomplikationen7). In der Praxis aber eignet sie sich in den seltensten Fällen als Dauerlösung, da die meisten Patienten sie als unangenehm empfinden und die Compliance entsprechend gering ausfällt.2

Parenterale Ernährung – eine Dauerlösung?

Für viele KDS-Patienten hat das Bedürfnis nach möglichst wenig Abhängigkeit von der PE oberste Priorität, sodass sie etwa eine notwendige Hyperphagie oder bestimmte Ernährungsregeln im Alltag gerne in Kauf nehmen. Dabei ist auch die psychologische und soziale Komponente der oralen Nahrungsaufnahme nicht zu vernachlässigen. Andere hingegen nehmen die PE als eine Art Zuflucht wahr, die ihnen das Leben vermeintlich vereinfacht und Unannehmlichkeiten wie große Stuhlvolumina und gastrointestinale Probleme erspart.2 Doch auch abseits der persönlichen Präferenzen gibt es gute Gründe, die PE nicht als Dauerlösung hinzunehmen: Eine langfristige PE bei KDS-DV kann mit einer erhöhten Morbidität und sogar Mortalität einhergehen.7 Diverse Katheter-assoziierte Komplikationen – etwa Infektionen und Sepsen, mechanische Komplikationen oder venöse Thrombosen – stellen ein anhaltendes Risiko für die Patienten dar.7

Im Zweifel an Experten wenden

Aus diesem Grund empfiehlt sich auch bei einer gut eingestellten PE, ein durchdachtes und individualisiertes Konzept zur Steigerung des oralen Nahrungsanteils zu erarbeiten. Den größten Erfahrungsschatz auf diesem Gebiet besitzen spezialisierte Kliniken mit einem Schwerpunkt auf der Therapie des KDS-DV. Wenn Sie als niedergelassener Arzt abseits solcher Kliniken einen Patienten mit dauerhafter PE betreuen, haben Sie die Möglichkeit, Kontakt mit KDS-Experten aufzunehmen.

  1. Pironi L et al. ESPEN endorsed recommendations. Definition and classification of intestinal failure in adults. Clin Nutr. 2015 Apr;34(2):171-80.
  2. Jeppesen PB, Fuglsang KA. Nutritional Therapy in Adult Short Bowel Syndrome Patients with Chronic Intestinal Failure. Gastroenterol Clin North Am. 2018 Mar;47(1):61-75.
  3. Jeppesen PB, Mortensen PB. Intestinal failure defined by measurements of intestinal energy and wet weight absorption. Gut. 2000 May; 46(5):701–706.
  4. DiCecco S et al. Nutritional intake of gut failure patients on home parenteral nutrition. JPEN J Parenter Enteral Nutr. 1987 Nov-Dec;11(6):529-32.
  5. Nordgaard I et al. Colon as a digestive organ in patients with short bowel. Lancet. 1994 Feb 12;343(8894):373-6.
  6. Jenkins AP, Thompson RPH. Enteral nutrition and the small intestine. Gut 1994; 35:1765-1769.
  7. Brandt CF et al. Home Parenteral Nutrition in Adult Patients With Chronic Intestinal Failure: Catheter-Related Complications Over 4 Decades at the Main Danish Tertiary Referral Center. JPEN J Parenter Enteral Nutr. 2016 Nov 15.

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