Kurzdarmsyndrom: 5 Ansätze für die enterale Ernährung

Die enterale Ernährung ist beim Kurzdarmsyndrom nicht nur wichtig, um die intestinale Adaptation zu stimulieren, sondern bedeutet für die Patienten einen wichtigen Schritt in Richtung Normalität und Selbstbestimmung. Um den Nährstoffbedarf möglichst gut zu decken und Unverträglichkeiten zu vermeiden, gibt es wichtige Regeln.

Nährstoffreich und bekömmlich: Was ist zu beachten?

Grundsätzlich ist es wichtig, dass der enterale Kostaufbau bei Kurzdarmsyndrom (KDS) vorsichtig und Schritt für Schritt mit einer ballaststofffreien, niedrigosmoralen Diät beginnt. Die Geschwindigkeit richtet sich dabei nach dem Durchfall bzw. Stoma-Output – nimmt dieser zu, muss der Kostaufbau verlangsamt werden. Entsprechend können nach und nach immer mehr Nahrungsmittel eingeführt werden.1 Aber auch bei weitgehend stabilen bzw. chronisch adaptierten KDS-Patienten noch einige praktische Richtlinien, um eine optimale Verträglichkeit, Flüssigkeits- und Nährstoffresorption zu gewährleisten. An diesen 5 Ansätzen können Sie sich orientieren:

  1. Viele kleine Mahlzeiten: Um die Nährstoffresorption zu optimieren und Diarrhoen zu vermeiden, sollte die tägliche Nahrungszufuhr anstelle von 3 großen Hauptmahlzeiten auf 6-10 kleinere Mahlzeiten aufgeteilt werden. Dabei sollte der Patient auf gründliches Kauen achten.2,3,4
  2. Essen und Trinken trennen: Flüssigkeit und feste Nahrung sollte der Patient bestenfalls nicht gleichzeitig aufnehmen. Besser ist es, frühestens eine Stunde nach den Mahlzeiten zu trinken, um die Verweildauer der Nahrung im GI-Trakt zu verlängern. Die empfohlene Trinkmenge variiert je nach PE-Zufuhr und Flüssigkeitsverlust, massives Trinken ist allerdings zu vermeiden.2,3
  3. Schwer verdauliche und blähende Nahrungsmittel meiden:
    • Salate, Gurken, Tomaten und sonstige Rohkost
    • Zitrusfrüchte und anderes frisches Obst in größeren Mengen (Ausnahme: Banane)
    • oxalsäurehaltige Nahrungsmittel, z.B. Nüsse, Rhabarber, Spinat, Mangold, Schokolade, rote Rüben
    • frittierte Speisen, z.B. Pommes Frites
    • Kohlgemüse, Hülsenfrüchte, Pilze
    • abführend wirkende Nahrungsmittel, z.B. Kaffee, Fruchtsäfte und stark gezuckerte oder süßstoffhaltige Getränke
    • Getränke mit viel Kohlensäure
    • Alkohol2,3
  4. Viel Protein: Wichtig ist, den Organismus mit ausreichend Eiweiß versorgen, z.B. in Form von magerem Fleisch und Fisch, fettarmer Wurst, Quark und Käse.3
  5. Verträgliche Fette: Bei manchen KDS-Patienten ist eine fettreiche Ernährung nicht bekömmlich und führt zu Steatorrhoe. In dem Fall können Produkte mit speziellen diätetischen Speisefette, sogenannten MCT-Fette (mittelkettige Triglyzeride), eine leichter verdauliche Alternative sein; diese erhält man z.B. in Reformhäusern. Grundsätzlich sind hochwertige Öle wie kaltgepresstes Rapsöl, Leinöl oder Olivenöl empfehlenswert.2,3

Individuelle Voraussetzungen und Intoleranzen beachten

Das KDS ist kein einheitliches Krankheitsbild; jeder Patient bringt aufgrund seiner individuellen intestinalen Anatomie, Alter, Vorgeschichte und Komorbiditäten unterschiedliche Ansprüche an die parenterale und enterale Ernährungstherapie mit. So kann bei Patienten mit erhaltenem Kolon eine erhöhte Kohlenhydrat- und eine verringerte Fettzufuhr (ca. 60 % bzw. 20 % der Gesamtenergie) sinnvoll sein, um die Nährstoffaufnahme zu optimieren. Bei Patienten ohne Kolon bietet dies keinen Vorteil.4,5 Die Resektion des Ileums geht normalerweise mit Malabsorption von Vitamin B12 und fettlöslichen Vitaminen wie Vitamin D einher; diese müssen supplementiert und kontrolliert werden. Fehlt auch die Ileozökalklappe bei erhaltenem Kolon (jejunokolonische Anastomose), kommt es häufig zur Bildung von Nierensteinen. Für diese Patienten ist eine oxalsäurearme Ernährung besonders wichtig. Bei einem Verlust von Ileum und Kolon (Endjejunostomie), sind Dehydration und Elektrolytstörungen ein Problem. Für diese Patienten empfehlen sich salzreiche Speisen und eine geringere Trinkmenge.4 Ein anderes Beispiel ist Laktose: Zwar sind laktosehaltige Milchprodukte bei KDS nicht grundsätzlich kontraindiziert; je nach resektiertem Dünndarmabschnitt kann es zu einem Laktase-Mangel und infolge dessen zu einer Intoleranz kommen, die Diarrhoe und Meteorismus verstärkt.4 Auch die Verträglichkeit anderer Nahrungsmittel wie Obst und Kaffee kann sich von Patient zu Patient unterscheiden und auch mit der Zeit verändern.1

  1. Lamprecht G. Kurzdarmsyndrom. In: Biesalski HK et al. Ernährungsmedizin. Thieme, Stuttgart 2010.
  2. Lamprecht G et al. Kurzdarmsyndrom. Informationsbroschüre für Patienten und ihre Angehörigen. Universitätsmedizin Rostock, 05/2012.
  3. Online-Information der Koordinationsstelle Kurzdarmsyndrom GmbH: Praktische Ernährungs-Tipps für Kurzdarm-Patienten. Stand: 02/2018.
  4. Dorfschmid M, Sinik-Agan C. Darmversagen – Ernährungstherapie beim Kurzdarmsyndrom. Schw Zeitschr Ernährungsmedizin 2017; 1:10-18.
  5. Nordgaard I et al. Importance of colonic support for energy absorption as small-bowel failure proceeds. Am J Clin Nutr. 1996; 64: 222–231.

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